Kommentare zu den bald selbst erlebten 100 Jahren einer Umverteilung von Macht, Reichtum und Lebensraum unserer Welt
I
Ende des ersten Weltkriegs 1918 sind eine Reihe Jahrhunderte alter Imperien verschwunden. Das Zaristische Russland, das Deutsche Kaiserreich, das Austro-Ungarische Imperium, das Ottomanische Weltreich, das Chinesische Kaiserreich, das Britische Imperium, das Französische Kolonialreich und noch einige kleinere Imperien überall auf der damaligen Welt.
An deren Stelle sind bis heute neue Weltmächte herangewachsen mit den USA und Kanada, Japan, Korea, die Volksrepublik China, neuerdings Indien, das aus der Sowjetunion herausgewachsene heutige Russland, eine Reihe nordafrikanischer, asiatischer sowie arabischer Länder des Vorderen Orients, die bei Saudi-Arabien und der Türkei immer mehr den Zusammenhalt im Islam suchen, dann die lateinischen Gruppierungen Süd- und Mittel-Amerikas und schliesslich die schon recht weit vorangeschrittene, sich ständig nach dem Osten und Süden ausdehnende Europäische Union.
II
Diese Blockbildungen, getragen von einer kosmische Ausmasse annehmenden Bevölkerungs-Explosion, einem phänomenalen Fortschritt von Wissen und Können und der damit ermöglichten gigantischen wirtschaftlichen, industriellen, kulturellen und geistigen Entwicklung der Menschheit haben sich wie ein Tsunami über unseren Planeten mit einer unheimliche Geschwindigkeit ausgedehnt. Bei dem so immer knapper werdenden Raum geraten sie bald fast ständig einander in den Weg, kämpfen erbittert um den immer spärlicher verfügbaren Raum und dessen dringend benötigten Rohstoffe und Reichtümer.
All das mit der heute bitteren Erkenntnis, dass nur die ganz grossen wirtschaftlich, militärisch und politisch stärksten Machtblöcke überleben können. Dazu kommen die Gefahren einer zunehmend globalisierten, kartellisierten, informatisierten und von den Medien beherrschten Welt.
Der rasch wachsende Graben zwischen den armen und den reichen Menschen, Völker und Staaten wird zu einer tödlichen Gefahr der immer häufigeren sozialen Unruhen und Revolten gegen jede Art von Neokolonialismus, der dank einer exzessiven Globalisierung immer mehr unterentwickelte Gebiete erfasst.
III
In solch einer Welt, die von einer relativ kleinen Schicht einander aus Habgier und Machtsucht bekämpfender Menschen ( sei es politische. wirtschaftliche oder geistige Machklüngel usw.) beherrscht wird, bleibt der grossen Mehrheit der Erdbewohner nichts anderes übrig, als sich ständig mit Krieg, Not, Elend, Selbstzerfleischung, Versklavung und Ausbeutung auseinander setzen zu müssen. Jedenfalls hatte ich mit dem Geburtsjahr 1921 Gelegenheit von Anfang an dieses verrückte aber auch spannende Jahrhundert grundlegender Umwälzungen zu erleben.
Sohn eines schweizerischen Eisenbahningenieurs im Balkan bin ich in Bulgarien aufgewachsen, habe als Gymnasiast in Sofia die Wucht von Hitlers Macht beim Durchmarsch zur Eroberung von Jugoslawien und Griechenland erlebt. Beim Studium und Aktivdienst im zweiten Weltkrieg in der Schweiz bewunderte ich den bis heute andauernden schweizerischen Widerstandswillen, der auch durch meine späteren nahezu 25 Jahren im diplomatischen Dienst für die Schweiz erhärtet wurde. Von Anfang habe ich die Entstehung der heutigen EU (1955) direkt an der Front Paris, Bern, Genf, Brüssel miterlebt und bin zum überzeugten Gegner jeder autoritären, nicht demokratischen Staatsbildung, somit auch der auf dem Prinzip der Supranationalität aufgebauten Europäischen Union, geworden, und es auch bis heute geblieben.
IV
Als Direktor der Messen in Basel (Generaldirektor der nach dem ersten Weltkrieg 1920/21 gegründeten Muba) war ich an der Öffnung für ausländische Produkte und Aussteller zunächst für Europa (1972) und später (1976) für die ganze Welt beteiligt. Es ging mir vor allem darum, die für die Zukunft wichtigen Staatshandelsländer, wie Polen, China, die Sowjetunion und alle Comecon-Länder und andere Balkanstaaten wie Albanien, Griechenland, Ungarn und fernöstliche und afrikanische Staaten wie Japan, die Mongolei und Nigeria an die im Westen freie Marktwirtschaft zu gewöhnen. Die einige Jahre später erfolgte Perestroika Gorbatschows bestätigte den Nutzen dieser Praxis.
Es ergab sich so ganz von selbst, dass ich bei meiner Pensionierung (1988) gestützt auf meine berufliche Erfahrung und die damit verbundenen zahlreichen Reisen die weitere Entwicklung unserer Welt zu dem, was sie heute geworden ist, weiterhin zu beobachten und zu kommentieren pflegte. Das insbesondere aus der Sicht unserer kleinen Schweiz zu dieser immer gigantischer werdenden Welt. Um so mehr als einer der riesige Ausmasse erreichende Giganten, die Europäische Union, immer aggressiver versucht, uns bei sich einzuordnen. So zum Beispiel um die Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem EWR-Projekt (die Schaffung eines Europäischen Wirtschaftsraums, der erlauben sollte, die Schweiz ohne Beitritt voll zu integrieren, was 1992 vom Schweizervolk abgelehnt wurde, aber später mit den sogenannten bilateralen Verträgen weitgehend gegen den Willen des Schweizervolkes verwirklicht worden ist.).
Meine Kommentare habe ich von 1990 an regelmässig bis heute auf meiner Webseite unter den Rubriken "Texte zu Zeitfragen" und "Kommentare zur aktuellen Fragen" zuletzt mit dem Blog Die Stimme der Anderen veröffentlicht.
Frédéric Walthard, Juli 2014